Montag, 25. Januar 2010

Hätt ich ein Restaurant, würde er so heissen:

FIDEL GASTRO

(die Frage ist nur, ob auch Gäste kommen würden)


Parfüm, Bier und Sex

Heute ist die Welt klein
Sie schmeckt nach fremdem Parfum und Bier
Vor vier wollte sie nicht nach Hause
war blau wie die Nacht als sie ihn sah
Sie wollte nicht nach Hause

In sein Bett steigen

Die Welt war klein und er war gross
Sein Bett war klein
Sex

Er roch gut. Sie nach Bier
Zwei Fremde im zu kleinen Bett
Ein bisschen Liebe oder nur gutes Parfüm?

Heute war die Welt klein
und die Nacht blau wie sie
Wer weiss schon wofür?
Ein bisschen Begehren, nur für heute

Und er roch gut
Ihr war bald schon schlecht
Parfüm, Bier und Sex
Wer weiss schon wofür?

Und sie wollte nach Hause

(September 2003)

Rausch

Es war so offensichtlich, dass sie Drogen genommen hatte. Die Pupillen viel zu gross, die Augen glasig, der Mund halb offen. Sie torkelte. Irgendwie störte es mich, ekelte mich an. Aber irgendiwe beneidete ich sie auch dafür. Der Mut sich gehen zu lassen. Der Mut zu zeigen, dass man nicht mehr kann. Der Stolz einer gefallenen Existenz.

"He's a functional alcoholic," sagte mein Onkel einmal fast bewundernd über einen Kollegen.

(November 2009)

KÜHLSCHRANKPOESIE


Warten

Irgendwie warten wir alle doch immer auf Irgendetwas. Die Beförderung, die Ferien, den Abschluss, die grosse Liebe, den Feierabend, das Wochenende, den grossen Durchbruch, die zündende Idee, das erste Mal, das nächste Mal, den Tod.

Ich habe mal in einem Altersheim gearbeitet. Dort war Warten allgegenwärtig. Manche Pensionäre – einige von ihnen hatten sicher ihr Leben lang auf diese Pension gewartet – sassen von morgens bis abends vor dem Fenster und schienen zu warten. Auf den Tod. Oder bloss auf Besuch. Oder Abwechslung.

Eine Frau auf der Demenzabteilung – ich dachte, sie bekommt von ihrer Umgebung nichts mehr mit – sagte eines Tages plötzlich: „Ein Kätzchen!“ und zeigte aus dem Fenster. Und tatsächlich, da lief eine kleine Katze unten vor dem Haus vorbei. Ich hätte sie ohne Brille nicht gesehen.

Die Frau sass jeden Tag dort. Niemand hatte je viel Zeit für sie übrig - Der Personalmangel in der Pflege ist dramatisch. Man hatte mir gesagt, sie bekomme nicht mehr viel mit. Als ob man sich dann weniger Mühe geben müsste. Aber sie hatte das Kätzchen gesehen, draussen auf der Strasse. Sie sah es, hatte es wahrgenommen, ihr Geist konnte das verarbeiten, sie fand das richtige Wort. Am liebsten hätte ich ihr eine Million Kätzchen geschenkt.

(Dezember 2009)

Gedanken zur Olympiade 2010

Heute treten an:

- Paddy Minton aus England
- Thor Wart aus Norwegen
- Wai Twu Arf aus Korea
- Boer der Crossen aus Holland
- Rodd Ellen und Farah Bob aus den USA
- Ngoc Wei Tha aus Vietnam

Ein Sommertag

Ein Sommertag

Heute hab ich daran gedacht

An den Sommertag in deinem Bett

Ein bisschen heisser Frieden
Dumpfe Stille
Leise Musik

Sonnenstrahlen
Durch kleine Schlitze zeichneten sie Muster auf dein Bett

Schweissperlen auf deiner Brust


Wie lange haben wir so dagelegen?
Halb im Schlaf
Manchmal

Deine Nähe
Die Hitze des Sommermorgens
Diese Ruhe

Heute hab ich daran gedacht
Es war schön

(November 2003)

Nachts 02:30 Uhr vor dem Fernseher

So fängt das mit dem Alkoholikerdasein wahrscheinlich an, überlege ich mir. Man sitzt alleine in der Wohnung, keine Beschäftigung, Freunde weg, Musik melancholisch. Eigentlich ganz gemütlich, aber bald werden die Stimmen in deinem Kopf laut: Warum du dich langweilst, wieso kein Mann neben dir sitzt, was dir das Fernsehprogramm überhaupt zu bieten hat zu später Stunde. Da wirkt das kalte Bier aus dem Kühlschrank wie ein Versprechen. Ein Versprechen, dich diese Trägheit besser ertragen zu lassen. Mit einem Katerschädel ist der nächste Tag dann sowiso im Eimer. Du musst nicht mal Ausreden erfinden, wieso du den Müll schon wieder nicht raus gebracht hast und die Rechnungen sich unbezahlt stapeln. Ausserdem verschwindet das letzte Restchen Scham und man kann sich hemmungslos schmutzigen Bettfantasien hingeben.

Eigentlich ist so ein Alkoholikerleben also was ganz Feines.

Aber da mir jetzt schon schlecht ist von dem Durcheinander das ich gegessen habe, verwerfe ich den Gedanken wieder. Ich bin ja auch recht zufrieden, nur das Fernsehprogramm macht mich zusehends depressiver: Um zwei Uhr nachts kannst du dich gerade noch zwischen den Brüsten von Ilonka aus Warschau und denen von Bianca aus Petrograd entscheiden. Ansonsten läuft der Dauerbrenner „Geld-Verlieren-Leicht-gemacht“ mit den wohl schlechtesten Moderatoren jenseits des Quotentiefs. Seit Stunden wird mir weisgemacht, dass kein einziger Einwohner Deutschlands, Österreichs und der Schweiz zusammen die Grundregeln der Mathematik versteht, geschweigedenn ein Telephon bedienen kann.

Ich bin versucht mein Glück herauszufordern. Das Losungswort auf Sat1 lautet: „Mistgabel“. Fünf Minuten lang habe ich mir überlegt, ob man „Stimmgabel“ mit nur einem M schreiben kann. Vielleicht bin ich bald zu blöd das Telephon zu bedienen, bange ich. Auch diese Gelegenheit lasse ich mir entgehen.

Zu träge zur Alkoholikerin und zu dumm fürs Fernsehquiz, somit wohl auch für den Suizid zu ungeschickt. Noch mal Glück gehabt. Gäbe es Pornos für Frauen mit Ansprüchen, ich würde sofort zuschlagen.

(März 2005)

Mein klebrig krischsüsser kleiner Kussmund

Mein klebrig kirschsüsser kleiner Kussmund
Er glitzert heute wieder mal nur für dich
Und mit den Ohren, die nicht gehört haben wollen, 
was du gesagt hast, 
hoffe ich immer noch auf deine Stimme, die mir gesteht,
nur diesen einen klebrig kirschsüssen Kussmund knutschen zu wollen

(November 2003)

Mein klebrig kirschsüsser Kussmund sucht
knutschfreudigen Kerl zum knabbern 
an salzig samtweichen Lippen
zudem erwünscht
Kunstschmuser 
zwecks komplettem Körperkontakt 

(November 2003)

Donnerstag, 21. Januar 2010

Bindung ist nicht alles

Bindung ist nicht alles

A: Ich wäre ihnen verbunden wenn Sie mich mit Herrn Binder verbinden würden

B: Tut mir leid, mir sind die Hände gebunden, er ist bei einem Verbindungstreffen

A: Ach dann verbindet mich vieles mit ihm, ich bin im Verband "Binden für alle"

B: Nicht beim Bund?

A: Mit dem Militär verbindet mich nichts

B: Ich verstehe nur Bahnhof, die Verbindung ist so schlecht!

A: Ja, die Zugverbindungen sind oft sehr mühsam

B: Das belastet die Bindung zu meiner Frau

A: Meiner musste ich heute den Arm verbinden

B: Ist sie gestürzt?

A: Nein, sie hat ihre Interessen falsch verbunden

B: Ich binde meine manchmal ans Bett

A: Ich glaube ich bin falsch verbunden!

B: Ach, ich bin sowieso an die Schweigepflicht gebunden

A: Wieso, was sind Sie denn von Beruf?

B: Buchbinder

A: Bindung ist nicht alles

B: Ich kann Sie jetzt weiterverbinden

A: Verbindlichsten Dank

(Februar 2002)