Mittwoch, 14. März 2012

HOW TO MAKE MONEY ON THE TRAIN: Zwei nicht ganz gleiche Herangehensweisen

Letztens habe ich von den Stosszeiten in der Ubahn berichtet und wie nützlich es ist, wenn man eine Handvoll Dollar im Hosensack mit sich führt, um diese gegebenenfalls unter den Ubahnperformern und Bettlern zu verteilen, die sich am Abend auf den Plattformen und in den Zügen tummeln. Ein wahrlich wichtiges Detail für die geübte Ubahnfahrerin! Ich habe mir das mittlerweile so angewöhnt, dass ich bald mein ganzes Hab und Gut in meiner Jeanstasche rumtrage statt in meinem Portemonnaie im Rucksack im Geheimfach, wo Wertgegenstände eigentlich verstaut gehörten. (Als ich gestern die Einkäufe bezahlen wollte, fand ich exakt den noch ausstehenden Betrag von 4 Dollar und 25 Cent in Jacke und Hose und wurde so davor bewahrt doch noch die Kreditkarte zücken zu müssen, nachdem ich mein Bares aus dem Portemonnaie auf dem Boden des Rucksacks gefischt hatte).

Nun habe ich irrtümlicherweise noch vor einigen Wochen gedacht, die Grossstädter würden ihr Kleingeld an leicht erreichbaren Stellen tragen um dieses nicht im ungünstigsten Moment umständlich suchen zu müssen und dabei Ellenbogenhiebe an ihre Nachbarn zu verteilen. (Warum heisst es in Deutsch wohl "Stosszeit"?? duh) Das ist natürlich ganz falsch: Das Geld muss schnell greifbar sein, um die Mariachiband, die an der letzten Station eingestiegen ist oder die Teenagertruppe, die ihren Ghettoblaster aufgedreht hat und halbherzige Breakdanceeinlagen darbietet, so schnell wie möglich wieder loszuwerden! Ja, so ist das! Und die Performer erwarten das auch, dass sie gar nie so richtig in ihre Einlage starten müssen.

Erst dachte ich ja, es sei ein Zufall, dass die Band nur drei Akkorde spielte und beim letzten Saitenklang, ohne dass je ein Lied erkennbar gewesen wäre, wieder aus der Tür verschwunden war und der zappelnde Junge, dachte ich, sei vielleicht einfach müde geworden vom vielen Dächlichäppli-auf-den-Schultern-balancieren. Mittlerweile ist mir klar: Alle haben etwas davon, wenn er und die Sombrerofraktion so schnell wie möglich wieder das Weite suchen (sprich das nächste Abteil): Wir wieder unserer Ruhe und sie ihr Münz. Wer sein Glück in der subway versucht und nicht auf dem Bahnsteig, dem geht es um das schnelle Geld nicht um Anerkennung. Denn keine Pendlerin, keine Mutter mit Kinderwagen, kein müder alter Mann, niemand hat tatsächlich Lust auf noch mehr Unterhaltung im Zug als das Ruckeln und Rattern schon bietet. Also ist der Dollar bereits in der Faust, wenn von Weitem ein Instrument zu sehen ist oder ein heiserer Teenager mit einem "Ladies und Gentleman..." seinen Freund in Turnhosen ankündigt.

Etwas anders verhält es sich da auf dem Perron. Dort, wo man sich im Wartemodus befindet und gerne von der Tatsache abgelenkt wird, dass man bloss wartet, wo man aber auch weglaufen kann, wenn es einem zu laut oder zu blöd ist, muss die Einlage schon etwas handfester sein um honoriert zu werden. Zweimal den Arm im electro boogie Stil zu einem R&B-Heuler drehen? Nicht mit dem entertainment-erprobten New Yorker Publikum! Und auch unter der Würde eines wahren subway-Künstlers. Nein, wer sich einen Platz an einer Ubahnkachelwand ergattert hat, der ist meist mehr wert als zwei, drei Riffs oder eine lahmen Imitation von Michael Jackson anno 1984. Oft erstaunlich gut und vor allem zäh sind viele der Entertainer da unten in den Korridoren! Ich habe schon öfters die gleiche Geigenspielerin, den gleichen Jimi-Hendrix-Verschnitt am Morgen um halb 9 und am Abend um halb 6 an derselben Ecke gesehen beziehungsweise gehört; niemand von diesen aber je im Zug angetroffen.

Ein interessantes Phänomen! Und ein bisschen nimmt es mich Wunder, wer mit welcher Taktik mehr Geld verdient: Die drei Mexikaner, die noch nicht zwei spanische Wörter aneinandergereit haben, bevor ihr Freund mit dem Hut bei dir steht oder der Panflötist auf dem Perron, der hingebungsvoll von morgens bis abends an der gleichen Stelle "El condor pasa" flötet (was einen in der Früh, wenn man aus der Schiebetür gepresst wird, auch ziemlich auf den Wecker gehen kann). Und wie ist es mit den Ghettoblasterbuben? Könnten die auch wirklich was oder zählen sie nur darauf, dass man ihnen ein paar quarters in die Hand drückt, damit sie mit ihrem unsäglichen Sound sofort wieder weg sind?

Ich weiss es wirklich nicht. Aber ich habe eine Idee: Wer tatsächlich etwas auf dem Kasten hat, der kann schon mal auf der Hin- und Rückfahrt zu seiner "Bühne" damit beginnen Geld zu verdienen ohne dabei viel Energie zu verschwenden. Und wer nichts kann, der hüpfe am besten 24 Stunden von Zug zu Zug und spiele dabei inbrünstig und fröhlich falsch. Das bringt auch Kohle. Olé!

Ach ja, auf dem Bahnsteig helfen auch farbige Unterhosen.

Und natürlich ist der schnelle Dollar auch hier nützlich, denn das mit dem Warten ist in der New Yorker Ubahn ja zum Glück (oder leider, wenn die Darbietung wirklich gut ist) nicht ein echtes Problem: Meist ist der Zug schon da, bevor man sein Kleingeld aus dem Portemonnaie aus dem Rucksack aus dem Geheimfach geklaubt hat. Und nichts ist fieser als sich zwei Minuten unterhalten zu lassen und dann ohne "zu bezahlen" abzuhauen. Vor allem wenn man bedenkt, dass man dem Kollegen im Abteil vorher etwas gegeben hat, bloss damit er aufhört.

Montag, 12. März 2012

A DAY ON THE HIGH LINE

Der heutige wunderschön sonnige Früh-Frühlingssonntag, der mich mit der Sommerzeitumstellung ziemlich überraschte, lud zu einem Spaziergang im Grünen ein, entschied ich, nachdem ich mich vergewissert hatte, dass ich nicht spinne und die USA wirklich zwei Wochen vor den Europäern mit der daylight saving time beginnen - Nun gut. Dann bin ich und Europa für zwei Wochen nur 5 Stunden voneinander getrennt, it's alright :) - Aber, wo findet man das frühlingsmässig ersehnte Grün in New York? 

Faul wie ich meine Wochenenden mag, wollte ich nicht zu viel Aufwand auf mich nehmen, sprich grosse Distanzen bewältigen oder so. Eigentlich wollte ich einfach bei mir in die Ubahn plumpsen und irgendwo in der Natur rausgeworfen werden. Erster Gedanke drum: der Central Park. Jedoch, da war ich schon mal -höhö- und ausserdem fährt der L-Train nicht dahin. Und der L-Train ist mein Liebling, weil er praktisch vor meiner Haustür hält. 

Da kam es mir in den Sinn: Im Magazin hatte ich vor geraumer Zeit, noch in der alten Welt, von der historischen Hochbahn im Meatpacking District gelesen, die seit 2008 restauriert, begrünt und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden war. Und wie kann es auch anders sein? Meine Faulheit wird belohnt: Der beste train in NYC, mein liebes L, fährt direkt dahin (8Ave 14th St). Bestückt mit Kamera und iPhon machte ich mich also auf den Weg. Resultat siehe unten: 

http://www.thehighline.org/

http://de.wikipedia.org/wiki/High_Line

HIGH LINE: CLOSE-UPS









HIGH LINE: BROADER VIEW











HIGH LINE: NATURE










HIGH LINE: HIPSTAMATIC

Eigentlich habe ich es ja ein bisschen gesehn mit diesen hipstamatic fotos. Aber da ich Anfängerin nur einen Akku für meine richtige Kamera mitgenommen hatte und dieser leider nich voll geladen war, musste ich irgendwann mein Handy zücken. Das Resultat ist ja ganz ordentlich :)


 

Dienstag, 6. März 2012

3 MEHR ODER WENIGER BRAUCHBARE TIPPS GEGEN SEHNSUCHT

Zu Beginn dieses Eintrags muss ich leider gestehen, dass das folgende zu behandelnde Thema absolut nicht neu ist in der Geschichte des Schreibens, sondern vielleicht sogar das Älteste überhaupt, wenn man mal von frühesten Schreibversuchen absieht, die noch eher dem Zwecke der Memorisierung und Nachrichtenübermittlung im praktischeren Sinne gedient haben (Hieroglyphen, Einkaufszettel, Kriegserklärungen usw). Es ist dies das Thema Liebe im Allgemeinen und im Besonderen das Unterkapitel "Sehnen nach einer geliebten Person".  Zugegebenermassen kein originelles Thema und beim darüber Schreiben muss man sich mit keinem Geringeren als beispielsweise Goethe messen. Tatsächlich fällt mir in diesem Moment gerade nur Goethe's "Die Leiden des jungen Werther" ein, aber ich bin mir sicher, es gäbe auch noch andere Klassiker, die das Thema erwähnen. (Wobei es hier interessant wäre abzukären, bei wie vielen Leuten die Schlagwörter "Schreiben" und "Liebe" die Assoziation "Goethe" hervorrufen. Ich würde wetten bei verdammt vielen. Vielleicht im ähnlichen Prozentbereich wie "Werkzeug" - "Hammer", "Farbe" - "rot" und "Instrument" - "Gitarre"). Wie dem auch sei. Es soll hier also auf die Gefahr hin ganz und gar unoriginell zu sein doch kurz auf das Thema "Sehnsucht" eingegangen werden. Vielleicht darf wenigstens behauptet werden, dass das Thema "sich nach einer Person sehnen, die nicht unerreichbar ist" im Sinne von "seinen Partner vermissen, dessen Liebe man versichert ist" nicht ganz so oft in der Literatur behandelt wird, wie die unerfüllte Liebe. Denn unerfüllte Liebe verkauft sich einfach besser. Wobei das wiederum heissen würde, dass dieser Eintrag doppelt langweilig ist. Verdammt.

Schreiten wir deshalb ohne längere Umschweife zu den im Titel versprochenen Tipps, wie man seinen Partner auf Reisen weniger vermisst.

1. Ein relativ simpler Rat, der sich auf Reisen ins Ausland gut umsetzen lässt, ist der folgende:
Vermeide tunlichst die Sprache, die du mit dem Partner gemein hast oder andersherum: spreche wenn immer möglich in einer Fremdsprache (das kommt meistens ganz zwangsläufig und bei Deutschschweizern auch schon relativ schnell nach Verlassen des Heimes, als Basler sogar schon bevor man den Flughafen erreicht hat). Solange man nämlich die eigene Sprache vermeidet, werden auch viele durch die Sprache heraufbeschworene Erinnerungen vermieden und die Absenz des Partners fällt weniger auf. Sogar das Thema Liebe kann in fremden Sprachwelten relativ sicher abgehandelt werden, solange man seinen Partner nicht "honey" oder "mon chérie" nennt sondern "Schätzi" oder "Schnufi", was man im Ausland doch eher selten hört. (Und wir gehen hier davon aus: Was man nicht hört, kann man nicht vermissen.) Natürlich muss dieser Rat mit allergrösster Disziplin befolgt werden, denn beim ersten Selbstgespräch, dem  liebevollen Einreden auf einen Hund oder wenn man morgens am Time Square fast von einem Auto überfahren wird, holt einen die Muttersprache wieder ein und damit auch die Erinnerung an den geliebten Partner und dann umso härter. Vom Telefonieren mit demselbigen Subjekt mal ganz abgesehen.

2. Eine grosse Hilfe sind auch Drogen, vor allem solche, die man nie mit dem Partner gemeinsam ausprobiert hat. (Ansonsten könnte einem der Flash natürlich umso mehr an die geliebte Person erinnern.) Drogen helfen den Alltag und damit auch die Sehnsucht zu vergessen oder sie lassen einem die Sehnsucht in Formen und Farben sehen, was ablenkt. Und hat man erstmal eine Drogen-Sucht entwickelt, (see what I did there?) vermisst man die Substanz bald mindestens genauso heftig wie den geliebten Schatz, mit dem Unterschied, dass man das Verlangen nach der Droge sofort stillen kann.
Zugegebenermassen birgt dieser Rat eine nicht unerhebliche Gefahr für die Gesundheit. Für alle, denen er deshalb zu gefährlich ist oder die noch im Wachstum sind, empfielt sich deshalb als Ersatz für die Droge ein Hobby. Hobbies lenken fast genauso gut wie Drogen von der lähmenden Tatsache ab, dass der Liebling nicht da ist. Wie wärs zum Beispiel mit dem Lernen einer Fremdsprache? Damit wären Tipp eins und zwei sogar kombiniert.
(Ausgehend von der Annahme, dass beide diese Tipps bestens gegen Sehnsucht helfen, stellt sich die Frage, ob Sprachaufenthalter in dem Falle ihre Partner gar nie vermissen? Trennen sich deshalb auffällig viele junge Frauen, die in Südamerika ihr Spanisch verbessern wollen, über facebook von ihren Schweizer Freunden? Weil sie dank praktischer - völlig unintendierter - Umstände den daheimgebliebenen Schatzi gar nie vermissen und deshalb töricht, wie junge Frauen, die durch Südamerika reisen, sind, davon ausgehen, dass sie ihren Freund nicht mehr lieben? Hier sind weitere Forschungen notwendig.)

3. Falls Punkt eins und zwei aus irgendeinem Grund versagen und man genug hat vom in-die-skype-Kamera-Heulen, während man verzweifelt versucht sich gegenseitig in die Augen zu sehen, empfielt es sich, den Labtop um hundertachtzig Grad zu drehen (wo naturgemäss der Fernseher steht) und mit dem Freund/ der Freundin einen Film zu sehen. Ja, ihr habt mich richtig verstanden. Einer von beiden dreht seinen Labtop so, dass die Kamera den Fernseher einfängt und nicht mehr sein/ihr dümmliches Gesicht und schon kann man zusammen einen Film schauen und sich ganz nah beieinander fühlen. Jetzt nämlich erlebt man endlich wiedermal was zusammen. Das verbindet. (Es wird jeder zugeben, dass sich die Dialoge darüber, was man an entfernten Orten den ganzen Tag so gemacht hat, schnell erschöpfen, das Verlangen dem Partner nahe zu sein aber nicht). Voila, das ist die Lösung. Daraus lässt sich auch leicht ein Ritual entwickeln, nimmt man als gemeinsame Sendung eine, die sich in regelmässigen Abständen wiederholt wie der Tatort zum Beispiel. Der kommt so regelmässig, wie er Gesprächspotential birgt und schon sind alle glücklich beim gemeinsamen Erörtern von Fragen wie: "Ist diesmal zum ersten Mal der Ausländer der Mörder?" "Ist der Showdown heute in einem verlassenen Kiesbergwerk oder doch eher auf einem halbverfallenen Fabrikgelände?" "Warum verdammt haben die das Schweizerdeutsch nachsynchronisiert??".

Mir ist nun auch klar, wieso ich im Gegensatz zu Goethe nicht ganz so herzerweichend schön schreiben kann. Immerhin habe ich im Gegensatz zu Johann Wolfgang eine Vielzahl von technischen Geräten zur Hand, die mich meinen Partner weniger vermissen lassen. Ach, wie habe ich es doch gut.